« Green New Deal » unter näherer Betrachtung

Das grüne Schlagwort „Green New Deal“ geistert derzeit umher und wird zum Teil sehr unterschiedlich interpretiert und gebraucht. Eine notwendige Klärung unserer Haltung dazu scheint mir unabdingbar. Unser Freund Thies Gleiss (Mitglied im Vorstand von DIE LINKE) hat sich die Mühe gemacht einmal einige grundsätzliche Punkte klarzustellen deren wesentliche Aussagen hier wiedergegeben werden.

« Green New Deal » unter näherer Betrachtung

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Das grüne Schlagwort „Green New Deal“ geistert derzeit umher und wird zum Teil sehr unterschiedlich interpretiert und gebraucht. Eine notwendige Klärung unserer Haltung dazu scheint mir unabdingbar. Unser Freund Thies Gleiss (Mitglied im Vorstand von DIE LINKE) hat sich die Mühe gemacht einmal einige grundsätzliche Punkte klarzustellen deren wesentliche Aussagen hier wiedergegeben werden. (Alain Sertic)

  

Der linke grüne New Deal

 

Maßgebliche Kräfte in der Linken, auch der neue „Aktionsplan Klimagerechtigkeit“ der Bundestagsfraktion, wollen die bisherige Schwierigkeit der LINKEN, das Thema Ökologiekrise und Klimagerechtigkeit in ihre Politik zu integrieren, mit einer Kampagne für einen „Linken Green New Deal“ beheben. Ein umfassendes Programm von tausenden von Einzelmaßnahmen soll eine „Klimawende“, eine „Energiewende“, eine „Verkehrswende“ und neue Welthandels-Friedenssysteme begründen und sehr kurzfristig umsetzen. Fast jede dieser Einzelmaßnahmen, die darin gefordert werden, ist sinnvoll. Einige sind auch diskussionswürdig, wie die Co₂ -Steuer. Andere Maβnahmen fehlen mir: So ist es, um die fortgesetzte Zersiedelung und Trennung von Wohn-, Einkaufs- und Arbeitsplätzen zu mindern, sinnvoll, die Bezahlung der Fahrtzeit zum Arbeitsplatz als Arbeitszeit zu verlangen. Aber insgesamt verhüllt die Menge an Einzelforderungen leider die Notwendigkeit, schnell und radikal Maβnahmen gegen die Macht der Profitwirtschaft und des Privateigentums an Produktionsmitteln zu ergreifen. Die Ziele werden zu sehr vom Machbaren und nicht vom Notwendigen abgeleitet – klassischer Reformismus also.

 

Die großen Weichenstellungen einer linken Umweltpolitik dürfen nicht in einer Fülle auseinandergereihter Einzelforderungen unkenntlich gemachte werden!

 

Es müssen Sofortziele benannt werden:

 

  • dass weniger Energie und Rohstoffe verbraucht werden;
  • dass die fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben;
  • dass weniger Autos und sonstige schädliche Produkte verkauft werden;
  • dass Verkehrs- und Transportwege drastisch verkürzt werden;
  • dass mehr Dezentralismus und regionale Kreisläufe entwickelt werden;
  • dass Entschleunigung ein neues Leitbild der gesellschaftlichen Entwicklung wird;
  • dass die Ökologische Krise mit der sozialen Krise aus Ungleichheit und Ungerechtigkeit zusammen gelöst wird.

 

Allein diese Auflistung der großen Zielsetzungen zeigt, dass dies nicht mit der herrschenden Eigentumsordnung vereinbar sein wird.

 

Der Begriff „New Deal“ erinnert an die politischen Maßnahmen Präsident Roosevelts in den USA der dreißiger Jahre, die vor dem Hintergrund großer sozialer Unruhen und gewerkschaftlicher Kämpfe stattfanden. Es war der – letztlich erfolgreiche – Versuch der herrschenden Klasse, den Kapitalismus zu retten und wieder größere Akzeptanz bei den Massen zu bekommen. Die LINKE sollte aber nicht versuchen den Kapitalismus zu retten, sondern ihn bekämpfen und abzuschaffen. Der New Deal hat die grundlegenden Mechanismen des Kapitalismus – mehr Wachstum, mehr Energieverbrauch, mehr Ressourcenvergeudung, mehr Verwandlung in Waren – nicht ausgesetzt, sondern ausdrücklich gefördert.

 

Der Zusatz „Green“ zum New Deal wurde erstmals in den achtziger Jahren benutzt. Seit 2009 ist er offizielle Zielsetzung in den Programmen der GRÜNEN. Zur EU-Wahl 2019 hat die Organisation DIEM25 von Janis Varoufakis den Green New Deal ausdrücklich zum Programm erklärt. Heute ist er vor allem in den USA bei den neuen, links-sozialdemokratischen Demokraten – Bernie Sanders, Alexandra Ocasio-Cortez und anderen – verbreitet. Auch dort wird er nicht als Kampfprogramm gegen den Kapitalismus, sondern als Reparaturprogramm für ihn benutzt. Wenn LINKE jetzt auch noch den Zusatz „linker“ Green New Deal einführen, so klingt das nicht nur sehr bemüht, sondern ist es auch. Die grundlegende Kritik, dass auch damit nur eine Reparatur des Kapitalismus angesprochen werden soll, bleibt.

 

Linke Politik gegen die Klimazerstörung muss im Mittelpunkt ordnungspolitische Maßnahmen gegen das Privateigentum an Produktionsmitteln haben. Unser Modell ist eine weltweite soziale gerechte Wirtschaftsordnung, die weniger zentralisiert ist als der heutige Imperialismus, die entschleunigt und nicht weiter beschleunigt, die auf allen Ebenen den Kapitalismus zurückdrängt, einschließlich neuer solidarischer Mechanismen zur Kriegsvorbeugung.

 

New Deal – egal ob als linker oder grüner oder beides – will die Zukunft mit denen, die sie heute mit aller Macht verbauen, aushandeln. Das wird nicht klappen. Linke Politik muss handeln und nicht verhandeln, sie muss sich den Kräften des Kapitalismus entgegen stellen und durch Boykott, Verweigerung, Streiks, und wie es auch immer genannt wird, die kapitalistische Normalität stoppen und durchbrechen, um einer sozialistischen Alternative den Weg zu bereiten.

 

Thiess Gleiss

                                                                                                       

Fazit:

 

Der Kapitalismus ist nicht grün einzufärben. Keines der unzähligen Modelle und Konzepte der ökologischen Neuausrichtung sowie internationale Konferenzen, haben den Fortgang der Zerstörung von Umwelt und Klima grundsätzlich gestoppt oder auch nur merklich verlangsamt. Es sind die Grundeigenschaften des Kapitalismus, die dem entgegenstehen. Alle Gegenstände und Abläufe im Zusammenleben der Menschen werden vom Kapital in Waren verwandelt. Der Wachstumszwang der Profite ist die entscheidende DNA im Kapitalismus.

 

Alain Sertic 25/03/2020