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Waffenhandel unterbinden … und Rüstungsindustrie unterstützen?

„Entweder wir schaffen die Rüstung ab, oder die Rüstung schafft uns ab“ – zitierte ich den evangelischen Theologen und Sozialisten Helmut Gollwitzer am Dienstag, den 13. Mai 2014 anlässlich der parlamentarischen Debatten zur Ratifizierung der Konvention über die Kontrolle des Handels mit konventionellen Waffen. Es ist nicht mit Worten zu fassen, was mit Waffen, Krieg und Rüstung an Leid und Unrecht in dieser Welt getan wird. Umso wichtiger ist es zu handeln, so wie Millionen von Leuten und Friedensaktivisten dies seit einem Jahrhundert tun! „Frieden, Brot und Freiheit“ waren die Basis für die Gründung der freien Gewerkschaften zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts; diese Forderung ist heute aktueller denn je.

 

Im 20. Jahrhundert wurden 100 bis 150 Millionen Menschen durch Waffen und Krieg umgebracht. 2013 war das Jahr, in dem es weltweit die meisten Kriege gab, rund 34 – nicht Kriege von Ländern gegen andere Länder – aber Kriege, die Menschen töteten und die stattfanden um Waffen zu verkaufen, zu benutzen und neue zu produzieren. „Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.“ – so Albert Einstein.

 

Unter dem Druck der Friedensbewegung

 

Die ersten Versuche einer Konvention über den Handel mit Waffen auszuhandeln ist während der Jahren 2006 bis 2009 am Widerstand der USA, der Waffen- und Rüstungsindustrie gescheitert. Erst 2013 konnte, unter dem Druck der Friedensbewegung, insbesondere von Amnesty International und Oxfam, eine Konvention über die Kontrolle des Waffenhandels ausgehandelt und unterzeichnet werden. Am 2. April 2013 wurde das Abkommen von der UNO-Generalversammlung mit 154 zu 3 Stimmen bei 23 Enthaltungen verabschiedet und wird nach Ratifizierung durch 50 UN-Mitgliedsstaaten in Kraft treten. 118 Regierungen haben es bereits unterzeichnet, davon 31 auch ratifiziert (Stand: Mai 2014), darunter seit Dienstag auch Luxemburg.

 

Diese Konvention sieht zwar nicht die Abschaffung der Kriegs- und Waffenindustrie vor, die internationale Kontrolle des Handels konventioneller Waffen ist aber ein kleiner, längst fälliger Schritt auf einem langen Weg. Dabei zeigt sich, dass der Druck der internationalen Gemeinschaft sich auszahlt und dass internationales Engagement und Einsatz etwas bewegen können. Natürlich unterstützen wir diese Konvention.

 

Rüstungskonzerne nach Luxemburg!

 

Wir sind aber auch der Meinung, dass man nicht bei diesem Abkommen, das noch zahlreiche Schlupflöcher enthält, stehen bleiben kann. Jetzt schon gibt es in vielen Ländern, auch in Luxemburg, Gesetze, die weiter gehen, als das die vorliegende Konvention. Ob sich immer an diese Gesetze und Abkommen gehalten wird, ist fragwürdig. So hatte déi Lénk vor einigen Jahren durch ihren damaligen Abgeordneten André Hoffmann darauf hingewiesen, dass die hiesigen Rentenfonds – der Fonds de Compensation – in Firmen investieren, die Streubomben herstellen. Diese Praxis, die durch die „Oslo-Konvention“ ausdrücklich verboten ist, führte zu einer allgemeinen Entrüstung in Luxemburg und wurde daraufhin geändert. Unsere Entrüstung war ebenso groß, als wir im Januar 2014 lasen, dass die neue luxemburgische Regierung vorhat, aus steuerlichen Gründen, die europäische Zentrale der chinesischen CASIC, einem der größten Rüstungsunternehmen der Welt, in Luxemburg anzusiedeln.

 

CASIC ist uns aus zwei Gründen bekannt: erstens, weil eine ihrer Tochterfirmen, die IEE, die in Echternach elektronische Sensoren herstellt, übernommen hat, und zweitens, weil es sich bei CASIC, der „China Aerospace Science and Industry Corporation“, um einen chinesischen Zusammenschluss von Rüstungskonzernen handelt. CASIC ist einer der weltweit größten Waffenproduzenten und Hersteller von Massenvernichtungswaffen und produziert ebenso unbemannte Kriegsdohnen, wie Cruise missiles und Bodenraketen.

 

Nicht sicher?

 

Man kann nicht vorgeben, sich dem Handel mit Waffen, der Waffen- und Rüstungsindustrie entgegen stellen zu wollen, und gleichzeitig einen solchen Konzern nach Luxemburg holen. Deswegen brachten déi Lénk am Dienstag, bei der Ratifizierung der Konvention zur Kontrolle des Waffenhandels, einen Antrag in der Abgeordnetenkammer ein, der verlangt, dass die luxemburgische Regierung keine weiteren Schritte mehr unternehmen soll, um die europäische Zentrale von CASIC in Luxemburg anzusiedeln. Damit ist keineswegs gemeint, dass man die IEE in Echternach schließen soll;  diese ist nicht in der Waffenproduktion aktiv. Die Bestrebungen jedoch, die europäische Zentrale des chinesischen Rüstungskonzerns CASIC – mit Steuervorteilen – nach Luxemburg zu locken, sind definitiv das falsche Signal im Kampf gegen Aufrüstung und Kriegsindustrie. Wir sollten vielmehr klarstellen, dass wir solche Rüstungsunternehmen nicht in Luxemburg ansiedeln wollen; dies ist Sinn und Zweck unseres Antrages.

 

Sichtlich geniert hielt Außenminister Jean Asselborn dem entgegen, dass er nicht sicher sei, ob es sich bei dem chinesischen Unternehmen CASIC tatsächlich um einen Rüstungskonzern handele; er kenne die Firma lediglich als im Bereich der Raum- und Luftfahrt angesiedelt und stufe sie deswegen nicht als Rüstungskonzern ein. Marc Angel, als außenpolitischer Sprecher der LSAP, schließt sich den Worten Asselborns an, indem er zu bedenken gibt, dass nicht jede Firma der Luftfahrt automatisch ein Waffenkonzern sein muss…

 

Welch Heuchelei!

 

Ich wies nach diesen Einwänden darauf hin, dass die Internetseite der Firma keinen Zweifel daran lässt, dass es sich um einen Rüstungskonzern handelt. Auf deren Homepage wird mit Cruise missiles und andere Waffensystemen geworben. Ich schlug vor, dass der Antrag, im Falle von Zweifeln, an die zuständige Kommission weitergegeben wird, wo die Fakten überprüft werden können, und anschließend auf den Antrag zurückkommen.

 

An einer derartigen Überprüfung der Fakten zeigte die Parlamentsmehrheit jedoch kein Interesse und stimmte den Antrag mit 2 Für- und 58 Gegenstimmen unter dem Motto „Geld stinkt nicht“ unter den Tisch! 

 

Solch eine Heuchelei; shame on you!