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Keine Privatisierung im Öffentlichen Personentransport in Esch/Alzette und Beles/Suessem!

In seinen Visio-Konferenzen hat Transportminister François Bausch das Projekt einer „schnellen Trambahn“-Verbindung zwischen Luxemburg / Cloche d’Or und Esch/Belval – Beles/Mairie vorgestellt. Dabei wurde ebenfalls die geplante Schlieβung der Eisenbahnverbindung zwischen Esch/Gare und dem Bahnhof von Audun-le-Tiche angekündigt, die durch einen doppelten Gelenkbus (Bus à haut Niveau de Service) ersetzt werden soll. Dieser „schnelle Tram“ soll durch die privatrechtliche Luxtram S.A. betrieben werden und die BHNS Busverbindung durch den privaten RGTR.

Aus den Studien die dieser Planung vorausgingen geht eindeutig hervor, dass in den kommenden Jahren ein stetiges Wachstum der Bevölkerung im Kanton Esch zu erwarten ist. Esch/Alzette steuert auf 55 000 Einwohner zu und die Nachbargemeinden, sowie das Umland bis in die südlichen Vororte der Hauptstadt gehören zu dieser Wachstumsregion. In Esch entsteht mit der „Roud Lens“ ein ganzer Stadtteil aber auch das Gebiet direkt hinter der französischen Grenze, wo zwischen Audun und Belval, in der Haute vallée de l’Alzette das Quartier Micheville mit 8000 Einwohnern entstehen soll. Wie viele solcher „cités dortoires“ noch im Hinterland von Villerupt aus dem Boden sprieβen werden ist derzeit noch nicht absehbar.

 

Der Süd-Tram ist eine Notwendigkeit…

 

Wohin uns diese auf Niedrigbesteuerung aufgebaute Wirtschafts- und Industriepolitik Luxemburgs noch führen wird kann wohl keiner sagen. Fest steht nur, dass das bisherige Verkehrssystem aus allen Nähten platzen wird und es so nicht mehr lange weiter gehen kann. An einem Ausbau des Kollektivtransportes führt kein Weg mehr vorbei. Man kann wohl über die Spurbreite der Schienenfahrzeuge streiten, ob näher an einer klassischen Straβenbahn oder eher das Modell der französischen RER Triebwagen, es steht ganz einfach auβer Zweifel, dass der Individualtransport in der Groβregion an seine Grenzen angelangt ist und die Minett-Region einen schienengebundenen ÖPNV* benötigt, der sie unter einander und mit der Hauptstadt verbindet.

 

…nicht aber die Privatisierung der öffentlichen Transportdienstleistungen

 

Das Projekt dieser Regierung sieht eindeutig vor den Ausbau des ÖPNV mittels Tram und BHNS Bus durch private Firmen durchzuführen. Wie wir schon 2015 bei der Gründung der Luxtram S.A. prophezeiten, wird diese Firma von der Regierung als Hebel benutzt um die eigenen staatlichen und kommunalen öffentlichen Transportbetriebe (CFL, AVL und TICE) immer mehr ins Abseits zu drängen und den Ausbau privaten Firmen zuzuschieben. Die Luxtram S.A. ist als « Société anonyme », eine Firma privaten Rechts, die zu 80% dem Staat und zu 20% der Stadt Luxemburg gehört. Die Angestellten sind keine Funktionäre mehr, sie verdienen weniger als die Hälfte der Beamten im öffentlichen Dienst und befinden sich im Statut von Salariés des Privatsektors. Sie können also jederzeit entlassen oder nach Lust der Direktion reklassiert werden. Wie Heuern und Feuern bei der Luxtram abläuft haben wir ja schon praktisch erlebt.

Durch das interkommunale Syndikat TICE verfügten die Südgemeinden bislang immer über ihr eigenes Instrument im lokalen und regionalen Transport im Süden. Durch die drohende Ausdehnung von RGTR und Luxtram S.A. bekäme das Ministerium dann immer mehr Fäden in die Hand und der Einfluss der Südgemeinden würde reduziert. Die Autonomie der Kommunen schwindet und die Macht der Regierung wächst. Dabei weiß letztendlich niemand ob nicht irgendwann eine Regierung ihre Anteile an Privatfirmen verkauft um ihre Schulden zu tilgen. Eine Aktiengesellschaft kann an der Börse im Handumdrehen ihre Besitzer wechseln.

 

Ein grenzüberschreitender öffentlicher Nahverkehr ist unverzichtbar

 

Die Argumente die vom Minister aufgeführt wurden um das Ende der Zugverbindung nach Audun-le-Tiche zu rechtfertigen sind ebenfalls nicht stichhaltig. Sie lauten: der Bahnübergang behindere den Verkehr des Viertels „Hoehl“, der Terminus am Bahnhof Audun entspreche nicht mehr den Bedürfnissen und liege Abseits der geplanten Wohnviertel, usw. Natürlich bedürfen die neuen Wohnviertel Micheville und die Lentille Terre Rouge einen entsprechenden Ausbau und neue Anschlüsse, die sie mit dem Bahnhof Esch und mit Lallingen/Monkeler verbinden. Wenn schon kein Zug, dann könnte das sehr wohl ein moderner Tram sein und nichts spricht dagegen dass er nicht auch durch den CFL oder den TICE betrieben wird.

Der Bedarf an öffentlichen Transportmitteln besteht zweifellos. Ob sie den Bedürfnissen der Benutzer entsprechen hängt entschieden davon ab, ob es über die Grenze hinweg ein gemeinsames funktionsfähiges und abgestimmtes öffentliches Verkehrskonzept geben wird. Dazu bedarf es einer aktiven Zusammenarbeit des Ministeriums mit den Gemeinden und Autoritäten jenseits der Grenze, denn der öffentliche Transport muss als  grenzüberschreitendes Projekt angelegt sein oder er ist zum Scheitern verurteilt. Die derzeitige Planung eines « BHNS Super-Bus » in die Val d’Alzette – Micheville, ist völlig unzureichend. Hinzu kommt daβ durch die « Liaison – Micheville », d.h. durch die Autobahn, eine Direktverbindung in das geplante Wohnviertel Micheville/Valée de l’Alzette, völlig abgeschnitten ist. Egal ob nun Zug, Trambahn oder Bus, der Weg auf der bestehenden Bahnstrecke ist blockiert und eine Untertunnelung, eine neue Umgehungsstrecke oder die erneute Verlegung der Autobahn um 50 Meter wird unumgänglich. Die (Auto-) Verkehrsplaner haben also vorerst einmal vollendete Tatsachen geschaffen und nun wird jegliche Alternative dazu teuer werden.

 

Keine Privatisierung des ÖPNV im Minett

 

Die Pläne der Regierung die öffentlichen Transportbetriebe langsam aber systematisch zurück zu schrauben und dagegen private Betreiber zu fördern, zielt in erster Linie auf das Funktionärsstatut der Beschäftigten. Die öffentlichen Betriebe und ihre Belegschaften sollen der billigeren Konkurrenz privater Firmen ausgesetzt werden. Schrittweise sollen die privaten Gesellschaften im Staatsbesitz dann auch für privates Kapital geöffnet werden. Dies geschieht im Rahmen einer langfristigen neoliberalen Strategie in die die Führungen aller etablierten Parteien eingebunden sind. Ohne eine klare Bekämpfung dieser Strategie wird das öffentliche Statut der Beschäftigten dieser Sektoren unweigerlich zum Auslaufmodell.

Wir fordern darum folgendes:

  • Die Ausführung des « schnellen Tram » von Luxemburg nach Beles/Mairie, via ″Monkeler″, Lallingen und Esch/Belval, soll der CFL übertragen werden. (Gegebenenfalls können die Südgemeinden diese Dienstleistung auch in Eigenregie durch den TICE ausführen.)
  • Die Bahnverbindung von Esch nach Audun-le-Tiche und darüber hinaus in die Vallée de l’Alzette, soll erhalten bleiben, bzw. durch eine schienengebundene Trambahn unter Leitung der CFL oder des TICE erneuert und ausgebaut werden.
  • Die « LUXTRAM société anonyme », die derzeit dem Staat als private Firma gehört, soll in einen staatlichen Dienstleistungsbetrieb umgewandelt werden, bzw. rechtlich und statutarisch in die CFL integriert werden.
  • Eine grenzüberschreitende Planung des öffentlichen Transportes der Groβregion muss im Dialog mit den kommunalen und regionalen Autoritäten erfolgen.
  • Langfristig muss der ÖPNV Transport in Luxemburg, in Form von Trambahnen, Bussen oder BHNV-Bussen, zu einer Alternative zum individual Transport ausgebaut werden.

(*Öffentlicher Personen Nahverkehr)

 

Alain Sertic 28/11/2020