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Es wird Zeit, dass Kunst wieder gesellschaftskritisch wird!

Richtung 22 will es versuchen.

Die Nachfrage nach gesellschaftskritischer Kunst  ist auf dem aktuellen, internationalen Kunstmarkt nicht sehr groß. Denn welcher Millionär käme auf die Idee,  ein teures Kunstwerk in seiner Villa aufzuhängen, das soziale Ungerechtigkeit, Armut oder Ausbeutung darstellt. Kommerzielle Kunst die gefällt, verkauft sich eben besser! Vorbei sind die Zeiten, wo kritische Künstler wie Georg Grosz, Otto Dix, John Heartfield Bilder und Fotomontagen realisiert haben, die politische Sprengkraft hatten.

Einer probierte es dennoch später : Joseph Beuys. « Jeder Mensch ist ein Künstler » war eine seiner bemerkenswertesten Aussagen. Würde man  das  wörtlich nehmen, so müsste man sicherlich die Luxemburger Polizei davon ausschließen. Oder steckt in dem einen oder anderen Polizisten doch das Talent eines Hobbykünstlers? Nein. Beuys meinte, dass in jedem Menschen kreatives Potential stecke, mit dem man die Gesellschaft radikal verändern könne. Man könnte also die Mitglieder der Gruppe « Richtung 22 » als seine Enkelkinder ansehen. Kreide war übrigens auch ein beliebtes Ausdrucksmittel bei Joseph Beuys.

Oft wird behauptet, dass Kunst im Dienste der Gesellschaft reine Utopie sei oder nur, wie in der früheren Sowjetunion, zu Propagandazwecken missbraucht werde. Wie man bei der Kunstaktion am letzten Nationalfeiertag sehen konnte, ist politische Kunst  nach wie vor ein brisantes Thema. Ohne Fett und Filz, nur mit Kreide,  ist es den Mitgliedern des Kollektivs gelungen, grundsätzliche Fragen über die Zukunft unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu stellen. Hut ab ! Dabei geht es aber nicht um den weltbekannten Filzhut des berühmten Künstlers.

Ein Appell an die Mitglieder von Richtung 22 : « Lasst eurer Kreativität freien Lauf. Vergesst eure  Schulzeit, wo ihr zu angepassten Mitbürgern erzogen wurdet. Lasst euch nicht einschüchtern bei dem Versuch, Kunst via Internet zu demokratisieren, denn es gibt nach wie vor eine Mehrzahl junger Leute, die sich nicht in eine Kunstgalerie hinein trauen ».

Dabei fällt einem spontan das Buch « Indignez-vous ! » von Stéphane Hessel ein. Diese Aufforderung sollte jedoch nicht aus dem reaktionären Mund derjenigen kommen, die sagen, dass die Verantwortlichen der Aktion vor der Philharmonie ihren Mist zuhause an ihre Klowände schmieren sollten.

Dass « Kunst ? » hier in Luxemburg wieder zu gesellschaftspolitischen Diskussionen führen kann, hätte sich nicht träumen lassen. Käme es zu der erhofften Mentalitätsveränderungen, so wäre ich gezwungen, den nächsten Nationalfeiertag hier in Luxemburg zu verbringen. In diesem Falle würde ich dann auch gerne die neue Nationalhymne mitsingen !

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