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Hasta Siempre Fidel!

Mit Fidel Castro ist zweifellos einer der größten Revolutionäre des zwanzigsten Jahrhunderts von uns gegangen. Diese außerordentliche Persönlichkeit hat durch seinen eigenen Einsatz und seine Aufrichtigkeit im politischen Kampf, einen unbestreitbaren Platz  in der Weltgeschichte errungen. Die letzte Ehre, die das kubanische Volk ihm dieser Tage erwiesen hat, belegt die enge Verbundenheit und den tiefen Respekt den seine Landsleute für ihn empfinden.

Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in dem neokolonialen Kuba, das sich die USA 1898 in einem spektakulären Blitzkrieg unter den Nagel gerissen hatten. In der Schlussphase des Jahre andauernden Aufstandes stürmte die US Armee die Insel, betrog die Kubaner um Sieg und Unabhängigkeit und schuf vollendete Tatsachen. Ab den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts begannen die Amerikaner einen regelrechten Mafiastaat aufzubauen. Die Elemente dieses Systems bestanden in einer Allianz zwischen der alten Groβgrundbesitzer Oligarchie,  dem US- Investment Kapital (meist Schwarzgeld u. Mafia Kapital). sowie kriminellen Seilschaften innerhalb der Armee.

Als Aktivist einer linken Studentenorganisation machte der junge Fidel schnell seine Erfahrungen mit dem politischen System seines Staates. Der Kurswechsel der US Politik ab 1947 in Richtung des „kalten Krieges“, machte sich auch in Lateinamerika sofort spürbar. Die 1944 begonnene Periode der „demokratischen Öffnungen“ endete überall in Staatsstreiche und blutige Diktaturen. Die kommunistische Partei Kubas, die im 2. Weltkrieg  mit Ministern an der Regierung Batistas beteiligt war, ließ sich ohne viel Anstrengung in die Defensive drängen. Ohne Anweisungen aus Moskau wagte die KP-Führung keinen effizienten Widerstand. Ihre Strategie war die Suche nach einer breiten Allianz mit dem „demokratischen Bürgertum“. Fidel begriff sofort die Sinnlosigkeit dieser Politik und strebte genau in die entgegengesetzte Richtung. Gegen den wachsenden Terror der Diktatur trat Castro nicht den geordneten Rückzug an, sondern ging in den Untergrund und organisierte den bewaffneten Widerstand gegen die Staatsgewalt. Seine Identität als Revolutionär formte sich in dieser Phase heraus.

In der Praxis brach er, so wie vor ihm Tito und Mao, mit der Politik der Stalinisten. In diesem Kampf offenbarte Fidel seine heroische Persönlichkeit, für die Sterben für Freiheit und Vaterland keine leere Floskeln waren, sondern das tägliche Brot des politischen Kampfes bedeuteten.

Der handstreichartige Angriff auf die Moncada Kaserne in Santiago 1953 sollte das Signal des Aufstandes gegen die Diktatur werden. Das militärische Scheitern dieses Streiches wurde zum Symbol der Opferbereitschaft der um Castro gescharten Jugend. Der darauf folgende Schauprozess, der ihn als verrückten Terroristen abstempeln sollte, wurde für Fidel zu einer Bühne, auf der er vom Angeklagten zum Ankläger wurde. Er verließ den Gerichtssaal in Ketten, aber als Sieger und Held des Widerstandes gegen die Diktatur. Mit der Ausweisung nach Mexico wollte das Regime den unbequemen Märtyrer loswerden. Dort organisierte er aber systematisch die externe Opposition und bereitete eine Expedition nach Kuba vor. Nach der missglückten Landung mit der „Grandma“  im November 1956, zog Castro sich mit 81 Getreuen in der Sierra Maestra zurück, mit dem Ziel der Opposition ein befreites Territorium zu erkämpfen, als Standbein für kommende Aufstände gegen Batista. In diesem Befreiungskrieg stellte Fidel seine Tugenden erneut unter Beweis. Seine exemplarische Standfestigkeit, verbunden mit realistischen Einschätzungen, pragmatischem Vorgehen und einer doppelten Dosis Draufgängertums, sollten für die Revolutionäre oftmals den Ausschlag geben und letztendlich ihren Triumph sichern.

Die ab 1959 konsequent durchgeführte Revolution endete nicht in einem neuen Pakt mit der nationalen Bourgeoisie, sondern führte durch die Mobilisierung der ländlichen Arbeiterklasse zu einer Enteignung eben dieser Bourgeoisie. Ein Prozess der schrittweisen Radikalisierung und Politisierung der Massen kommt in Gang, der letztlich unter der Führung von Camilo Cienfuegos, „Che“ Guevara und Fidel, in eine sozialistische Revolution führte.

Die unzähligen vom CIA organisierten Mordkomplotte, die ihren Höhepunkt 1961 in der Schweinebucht-Landung fanden, scheiterten allesamt, weil die Castro Führung das kubanische Volk systematisch auf die Verteidigung der Revolution vorbereitet hatte. Castro war ein Anti-Imperialist bis auf die Knochen, seine praktische Solidarität vor allem mit der lateinamerikanischen Linken war fester Bestandteil seiner Politik. Die Einberufung der « Trikontinentalen » Konferenz 1966 war Ausdruck dieser internationalistischen Ausrichtung, die im Gegensatz zur Politik „der friedlichen Koexistenz“ Moskaus stand.

Die Isolation der Insel zwang Fidel allerdings, sich ökonomisch immer enger an die UdSSR anzubinden, was auch politische Folgen hatte. Intern bürokratisierten sich politische Strukturen und die Dynamik der spontanen Basisdemokratie stieβ sehr schnell an die Grenzen der materiellen Rahmenbedingungen eines armen Landes. Diese Tendenzen führten Castro zu einer Art „modus vivendi“ Kompromiss mit der stalinistischen Bürokratie, wo das eigene, autonome Handeln immer weiter eingestellt und seine Politik immer mehr mit Moskau abgestimmt wurde. Die eigene Meinung, bzw. die sozial revolutionäre Praxis ging immer mehr verloren, verflachte  und wurde durch Anpassung an die UdSSR und durch ein schwarzweißes „Blockdenken“ ersetzt. Fidel war ohnehin nie ein marxistischer Theoretiker sondern ein Pragmatiker. Die Folgen davon waren z.B. die offene Unterstützung der Intervention in der CSSR 1968, sowie die unkritische Unterstützung der „anti-Imperialistischen“ Regierungen Äthiopiens, Libyens, Syriens, etc. Es fand eine völlige Verflachung und Deformation der marxistischen Methode statt. Dies sowohl im Innern wie in der Außenpolitik. Auch kritische linke Stimmen wurden autoritär zum Schweigen gebracht.

Der Kollaps des Ostblocks, bzw. die Wandlung der herrschenden Bürokratie in eine neue „besitzende Klasse“ brachte ein abruptes Erwachen und wirkte für die Kubaner wie eine kalte Dusche. Die Unfähigkeit die soziale Natur der „Berufspolitikerkaste“ zu verstehen und ihre Entwicklungsdynamik vorauszusehen war sicher die gröβte Schwäche Fidels. Diese ungemeine politisch/ideologische Leere zu der Castro beigetragen hat sollte sich auch im Fall der bolivarianischen Revolution in Venezuela als fatal erweisen. Dieses Manktum des „Castrismus“ bleibt eine große Herausforderung für die Revolutionäre Lateinamerikas und der 3ten Welt. Die nun seit Jahren betriebene Politik der Verteidigung der wesentlichen Errungenschaften der Revolution, bei gleichzeitiger „sanfter“ Einbindung in den Weltmarkt, ist eine Politik die auf Zeit spielt, aber unweigerlich neue Widersprüche und Sachzwänge erzeugen wird. China als Vorbild für Kuba zu erklären, so wie es Raoul Castro tat, ist falsch und unrealistisch und wird kaum zur politischen Klarsicht beitragen. Nur der Ausbau der Selbstverwaltung, der Aufbau von Kooperativen und die Förderung von kollektiven Initiativen, kann letztlich ein Gegengewicht zu den Kräften des Weltmarktes bilden. Die kubanische Gesellschaft braucht Freiräume für kritische Diskussionen über die Auswirkungen der „Marktwirtschaft“. Eine Rückbesinnung auf die kritischen Traditionen der Jugend  Fidel Castros kann da ein Vorbild sein.