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Keine Privatisierung im Öffentlichen Personentransport in Esch/Alzette und Beles/Suessem!

In seinen Visio-Konferenzen hat Transportminister François Bausch das Projekt einer „schnellen Trambahn“-Verbindung zwischen Luxemburg / Cloche d’Or und Esch/Belval – Beles/Mairie vorgestellt. Dabei wurde ebenfalls die geplante Schlieβung der Eisenbahnverbindung zwischen Esch/Gare und dem Bahnhof von Audun-le-Tiche angekündigt, die durch einen doppelten Gelenkbus (Bus à haut Niveau de Service) ersetzt werden soll. Dieser „schnelle Tram“ soll durch die privatrechtliche Luxtram S.A. betrieben werden und die BHNS Busverbindung durch den privaten RGTR.

Aus den Studien die dieser Planung vorausgingen geht eindeutig hervor, dass in den kommenden Jahren ein stetiges Wachstum der Bevölkerung im Kanton Esch zu erwarten ist. Esch/Alzette steuert auf 55 000 Einwohner zu und die Nachbargemeinden, sowie das Umland bis in die südlichen Vororte der Hauptstadt gehören zu dieser Wachstumsregion. In Esch entsteht mit der „Roud Lens“ ein ganzer Stadtteil aber auch das Gebiet direkt hinter der französischen Grenze, wo zwischen Audun und Belval, in der Haute vallée de l’Alzette das Quartier Micheville mit 8000 Einwohnern entstehen soll. Wie viele solcher „cités dortoires“ noch im Hinterland von Villerupt aus dem Boden sprieβen werden ist derzeit noch nicht absehbar.

 

Der Süd-Tram ist eine Notwendigkeit…

 

Wohin uns diese auf Niedrigbesteuerung aufgebaute Wirtschafts- und Industriepolitik Luxemburgs noch führen wird kann wohl keiner sagen. Fest steht nur, dass das bisherige Verkehrssystem aus allen Nähten platzen wird und es so nicht mehr lange weiter gehen kann. An einem Ausbau des Kollektivtransportes führt kein Weg mehr vorbei. Man kann wohl über die Spurbreite der Schienenfahrzeuge streiten, ob näher an einer klassischen Straβenbahn oder eher das Modell der französischen RER Triebwagen, es steht ganz einfach auβer Zweifel, dass der Individualtransport in der Groβregion an seine Grenzen angelangt ist und die Minett-Region einen schienengebundenen ÖPNV* benötigt, der sie unter einander und mit der Hauptstadt verbindet.

 

…nicht aber die Privatisierung der öffentlichen Transportdienstleistungen

 

Das Projekt dieser Regierung sieht eindeutig vor den Ausbau des ÖPNV mittels Tram und BHNS Bus durch private Firmen durchzuführen. Wie wir schon 2015 bei der Gründung der Luxtram S.A. prophezeiten, wird diese Firma von der Regierung als Hebel benutzt um die eigenen staatlichen und kommunalen öffentlichen Transportbetriebe (CFL, AVL und TICE) immer mehr ins Abseits zu drängen und den Ausbau privaten Firmen zuzuschieben. Die Luxtram S.A. ist als « Société anonyme », eine Firma privaten Rechts, die zu 80% dem Staat und zu 20% der Stadt Luxemburg gehört. Die Angestellten sind keine Funktionäre mehr, sie verdienen weniger als die Hälfte der Beamten im öffentlichen Dienst und befinden sich im Statut von Salariés des Privatsektors. Sie können also jederzeit entlassen oder nach Lust der Direktion reklassiert werden. Wie Heuern und Feuern bei der Luxtram abläuft haben wir ja schon praktisch erlebt.

Durch das interkommunale Syndikat TICE verfügten die Südgemeinden bislang immer über ihr eigenes Instrument im lokalen und regionalen Transport im Süden. Durch die drohende Ausdehnung von RGTR und Luxtram S.A. bekäme das Ministerium dann immer mehr Fäden in die Hand und der Einfluss der Südgemeinden würde reduziert. Die Autonomie der Kommunen schwindet und die Macht der Regierung wächst. Dabei weiß letztendlich niemand ob nicht irgendwann eine Regierung ihre Anteile an Privatfirmen verkauft um ihre Schulden zu tilgen. Eine Aktiengesellschaft kann an der Börse im Handumdrehen ihre Besitzer wechseln.

 

Ein grenzüberschreitender öffentlicher Nahverkehr ist unverzichtbar

 

Die Argumente die vom Minister aufgeführt wurden um das Ende der Zugverbindung nach Audun-le-Tiche zu rechtfertigen sind ebenfalls nicht stichhaltig. Sie lauten: der Bahnübergang behindere den Verkehr des Viertels „Hoehl“, der Terminus am Bahnhof Audun entspreche nicht mehr den Bedürfnissen und liege Abseits der geplanten Wohnviertel, usw. Natürlich bedürfen die neuen Wohnviertel Micheville und die Lentille Terre Rouge einen entsprechenden Ausbau und neue Anschlüsse, die sie mit dem Bahnhof Esch und mit Lallingen/Monkeler verbinden. Wenn schon kein Zug, dann könnte das sehr wohl ein moderner Tram sein und nichts spricht dagegen dass er nicht auch durch den CFL oder den TICE betrieben wird.

Der Bedarf an öffentlichen Transportmitteln besteht zweifellos. Ob sie den Bedürfnissen der Benutzer entsprechen hängt entschieden davon ab, ob es über die Grenze hinweg ein gemeinsames funktionsfähiges und abgestimmtes öffentliches Verkehrskonzept geben wird. Dazu bedarf es einer aktiven Zusammenarbeit des Ministeriums mit den Gemeinden und Autoritäten jenseits der Grenze, denn der öffentliche Transport muss als  grenzüberschreitendes Projekt angelegt sein oder er ist zum Scheitern verurteilt. Die derzeitige Planung eines « BHNS Super-Bus » in die Val d’Alzette – Micheville, ist völlig unzureichend. Hinzu kommt daβ durch die « Liaison – Micheville », d.h. durch die Autobahn, eine Direktverbindung in das geplante Wohnviertel Micheville/Valée de l’Alzette, völlig abgeschnitten ist. Egal ob nun Zug, Trambahn oder Bus, der Weg auf der bestehenden Bahnstrecke ist blockiert und eine Untertunnelung, eine neue Umgehungsstrecke oder die erneute Verlegung der Autobahn um 50 Meter wird unumgänglich. Die (Auto-) Verkehrsplaner haben also vorerst einmal vollendete Tatsachen geschaffen und nun wird jegliche Alternative dazu teuer werden.

 

Keine Privatisierung des ÖPNV im Minett

 

Die Pläne der Regierung die öffentlichen Transportbetriebe langsam aber systematisch zurück zu schrauben und dagegen private Betreiber zu fördern, zielt in erster Linie auf das Funktionärsstatut der Beschäftigten. Die öffentlichen Betriebe und ihre Belegschaften sollen der billigeren Konkurrenz privater Firmen ausgesetzt werden. Schrittweise sollen die privaten Gesellschaften im Staatsbesitz dann auch für privates Kapital geöffnet werden. Dies geschieht im Rahmen einer langfristigen neoliberalen Strategie in die die Führungen aller etablierten Parteien eingebunden sind. Ohne eine klare Bekämpfung dieser Strategie wird das öffentliche Statut der Beschäftigten dieser Sektoren unweigerlich zum Auslaufmodell.

Wir fordern darum folgendes:

  • Die Ausführung des « schnellen Tram » von Luxemburg nach Beles/Mairie, via ″Monkeler″, Lallingen und Esch/Belval, soll der CFL übertragen werden. (Gegebenenfalls können die Südgemeinden diese Dienstleistung auch in Eigenregie durch den TICE ausführen.)
  • Die Bahnverbindung von Esch nach Audun-le-Tiche und darüber hinaus in die Vallée de l’Alzette, soll erhalten bleiben, bzw. durch eine schienengebundene Trambahn unter Leitung der CFL oder des TICE erneuert und ausgebaut werden.
  • Die « LUXTRAM société anonyme », die derzeit dem Staat als private Firma gehört, soll in einen staatlichen Dienstleistungsbetrieb umgewandelt werden, bzw. rechtlich und statutarisch in die CFL integriert werden.
  • Eine grenzüberschreitende Planung des öffentlichen Transportes der Groβregion muss im Dialog mit den kommunalen und regionalen Autoritäten erfolgen.
  • Langfristig muss der ÖPNV Transport in Luxemburg, in Form von Trambahnen, Bussen oder BHNV-Bussen, zu einer Alternative zum individual Transport ausgebaut werden.

(*Öffentlicher Personen Nahverkehr)

 

Alain Sertic 28/11/2020

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Die Klimakatastrophe und die Gewerkschaftsbewegung

Der sichtbar gewordene Klimawandel als Folge der globalen Umweltzerstörung lässt keinen Zweifel daran, dass die bisherige Entwicklung an einem historischen Wendepunkt angelangt ist. Das laufende Jahrzehnt wird wohl darüber entscheiden wie schwerwiegend und irreversibel sich die Auswirkungen gestalten werden. Fest steht bisher nur, dass wenn die CO₂ Emissionen in den nächsten 10 bis 12 Jahren nicht einschneidend vermindert werden uns allen eine durchschnittliche Erderwärmung von 2° Celsius und mehr bevorsteht. Die katastrophalen Folgen davon werden dann nur noch schwer zu begrenzen und unabsehbar werden.

 

Dem zum Trotz läuft der Betrieb aber vorerst einmal weiter als sei nichts geschehen und stünde auch nichts bevor. Derzeit streitet man sich über den Zweck des Tragens von Schutzmasken und über sichere Urlaubsorte und ähnliches. Die COVID-Epidemie war da eine Art Generalprobe, ein Warnschuss der zeigte wie schnell es gehen kann. Irgendwann wird der Klimawandel aufhören nur lästig zu sein und anfangen lebensbedrohlich zu werden. Dann wird die unvermeidliche Notbremsung einen gewaltigen Ruck in unserer Zivilisation bewirken, denn die Herrschenden werden dann irgendwann aus Selbsterhaltungsinteresse auf Notstands Massnahmen zurückgreifen. Der überstürzte Umbau von Industrie und Landwirtschaft wird dann nicht ohne Kollateralschäden, Verteilungs- und Machtkämpfe von statten gehen, denn es stehen gewaltige Interessen auf dem Spiel. Die Lohnabhängigen und die Völker der armen Länger werden dann am härtesten getroffen. Das Aufkommen der Herren Trump und Bolsonaro sind im Grunde nur die ersten Vorboten dieser politischen Krise.

 

Die Rolle der Arbeiterbewegung

 

Der organisierten Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung wird in dieser historischen Konfrontation eine entscheidende Rolle zukommen. Die Haltung, die sie in der kommenden Klimakrise und ihren sozialen Auswirkungen einnimmt, wird letztlich zum entscheidenden Faktor in dieser Auseinandersetzung werden.

 

Natürlich wäre es naiv davon auszugehen, dass alle Gewerkschaften wie selbstverständlich korrekte Positionen einnehmen würden. Ihre Aufgabe im Kapitalismus ist es die direkten materiellen und sozialen Interessen der Lohnabhängigen gegenüber der Arbeitgeberschaft zu verteidigen und dies in einem System das auf Konkurrenz und Verdrängungswettbewerb aufgebaut ist. Nach Jahrzehnten von struktureller Arbeitslosigkeit, Abbau und sozialer Verschlechterungen ganz in Europa ist das Salariat in der Defensive und ihre unmittelbaren Forderungen zur Verteidigung ihrer Lebensbedingungen stimmen direkt nicht mit dem überein, was getan werden müsste um das Klima zu retten. Das Gegenteil ist eher der Fall. Um Arbeitsplätze und Einkommen zu schaffen oder zu verteidigen, hofft die Mehrheit der Arbeiter eher auf eine Ausweitung der Produktion und einen wirtschaftlichen Aufschwung des Kapitalismus. Auf den ersten Blick klingt das logisch und scheint der sicherste Weg zu sein um seinen Status zu verteidigen. Das ist aber letztendlich illusorisch, denn der tagtägliche Konkurrenzdruck, der „technische Fortschritt“ im Verbund mit den Mechanismen des Marktes, führen früher oder später zum Stellenabbau und sozialen Niedergang.

 

Vorhut oder Klotz am Beim

 

Seit der industriellen Revolution kam der Arbeiterbewegung in der Gesellschaft objektiv die Rolle einer politischen Vorhut zu. Ob beim Streit um demokratische Rechte und Freiheiten, dem Kampf um das allgemeine Wahlrecht, das Wahlrecht für Frauen oder bei Antikriegs- und diversen anderen emanzipatorischen Bewegungen, waren die in Gewerkschaften der organisierten Lohnabhängigen meistens die entscheidende Kraft die den Ausschlag gab und andere benachteiligte Schichten der Bevölkerung mit sich zog. Im Kampf um das Klima und gegen die Umweltzerstörung zeigt sich nun aber eine andere Realität. An vorderster Front finden wir heute sehr oft Studenten und Schüler, Intellektuelle, indigene Völker und Landwirte, die sich gegen das Agrobusiness oder extraktivistische Großprojekte, wie z.B. Tagebauminen wehren. Oftmals auch weil ihre Forderungen für die Sicherung ihrer Existenz mit dem übereinstimmt, was getan werden muss um das Klima zu retten.

 

Die jetzt begonnene Klimakatastrophe erfordert nun schnell eine weltweite Reduzierung des CO₂-Ausstoßes und folglich einen Umbau zentraler Zweige der industriellen Produktion.    Das bedeutet massive Eingriffe in die bisherigen Arbeits- und Lebensgewohnheiten von hunderten von Millionen von Menschen, aber auch in die Entscheidungsfreiheit der Konzernchefs und Eigentümer. Die Maßnahmen, die zur Rettung von Klima und Atmosphäre notwendig sind werden alles bisher da gewesene übersteigen und eine soziale Erschütterung provozieren die weit grösser sein wird als die Schäden der aktuellen Corona Pandemie. Viele Umweltschützer unterschätzen den sozialpolitischen Aspekt des notwendigen Wirtschaftsumbaus genauso wie auch viele Gewerkschafter die Klimakatastrophe bisher noch weitgehend ignorieren oder zumindest unterschätzen. Beide Strategien sind falsch und zum Scheitern verurteilt. Denn sowohl den sozialen Bedürfnissen der Menschheit, wie der ökologischen Notwendigkeit einer schnellen Reduzierung der Treibhausgasemissionen muss Rechnung getragen werden. Natürlich müssen hierbei auch staatlich finanzierte Überbrückungs-Maßnahmen zum Zuge kommen (z.B. in Kohlerevieren usw.).

 

Arbeitsplätze durch die Konversion der Industrie erhalten

 

Der Umbau des aktuellen Produktionspotentials der Industriestaaten unter ökologischen Gesichtspunkten ist dabei das A und O einer ökosozialistischen Strategie. Der Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit  ist das größte Problem der Lohnabhängigen, denn das Niveau der Erwerbslosigkeit bedingt das Lohnniveau und die Arbeitsbedingungen. Die Ökosozialisten antworten darauf mit Forderungen auf 3 Ebenen:

 

  • Die Konversion nutzloser oder schädlicher Produktionen: In erster Linie die Petrochemie, die Automobilproduktion, die Rüstungsindustrie, die Atomwirtschaft, usw. Technisch ist das möglich: Im 2tenWeltkrieg z.B. konnten viele Staaten ihre Wirtschaft innerhalb einiger Monate auf Kriegsproduktion umstellen.
  • Die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen im Bereich des Wohnungsbaus, der öffentlichen Infrastrukturen, des kollektiven Transportes, einer ökologischen Energiegewinnung und Wasserwirtschaft, der sozialen und medizinischen Versorgung, einer biologischen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, usw.
  • Eine radikale und massive Senkung der Arbeitszeit ohne Lohnverluste und mit Neueinstellungen ist unerlässlich.

 

Ein solches Programm kann sich in der Arbeiterbewegung nur durchsetzen, wenn der Kampf gegen Entlassungen, Auslagerungen und Sozialabbau gekoppelt wird mit politischen aber auch konkreten Forderungen nach einer ökologischen Umbaustrategie. Derzeit ist noch oft die Ansicht vorherrschend, man müsse die Energiewende so wie sie in den Chefetagen konzipiert wurde begleiten und sie lediglich „sozial gerechter“ gestalten. Eine solche Haltung wird letztendlich in eine Katastrophe führen, denn ohne einen klaren Bruch mit dem            „Produktivismus“ und der kapitalistischen Profitlogik wird kein Weg sowohl an den üblichen Rationalisierungen wie an der Klimakatastrophe vorbeiführen. Entscheidend wird sein ob es gelingt die Gewerkschaften aus der Bindung mit der Logik des Produktivismus heraus zu lösen. Der Kampf für die Arbeitszeitverkürzung ist dabei der beste Hebel, aber auch die Einheit und Zusammenarbeit der (linken) Gewerkschafter mit der Bewegung für den Klimaschutz ist letztendlich eine Grundvoraussetzung. Greta und Nora müssen darum enger zusammenarbeiten!

 

Alain Sertic   22/08/20

 

 

 

 




Annexion des Jordantals – wie lange wird die EU noch tatenlos zusehen?

Mit der angekündigten Annexion des Jordantals in der besetzen Westbank will die Regierung Israels erneut vollendete Tatsachen schaffen und gleichzeitig auch definitiv einen Schlussstrich unter die Zweistaatenlösung und den Osloer „Friedensprozess“ ziehen. Dieser eindeutige Bruch internationalen Rechts, der UN Prinzipien und vorheriger internationaler Vereinbarungen vollzieht sich mit der ausdrücklichen Erlaubnis der USA und ihres Präsidenten Trump und geschieht vor dem Hintergrund eines bisher hilflosen Geschwafels von Seiten der EU und ihrer nationalen Regierungen.

 

 

Dem Ende des Osloer Abkommens und einer neuen « Nakba » entgegen

 

 

Was derzeit im besetzten Palästina droht, kommt beileibe nicht überraschend, sondern wird wohl eine weitere Stufe eines seit längerem geplanten weiteren Landraubes durch die zionistische Führung werden. Dieser Schlag wird seit Jahrzehnte systematisch vorbereitet. Daran hat auch der Autonomiestatus, aufgrund des Osloer Abkommens, absolut nichts geändert. Zu Beginn des sogenannten „Friedensprozesses“ siedelten 100 000 jüdische Kolonisten in den Besetzten Gebieten des Westjordanlandes, heute sind es 450 000 Siedler, die schrittweise illegal Land besetzen. Dieser Landraub, mitsamt der Vertreibungen, wurde dann nachträglich von den Regierungen Israels, egal welcher Couleur, immer legalisiert.

 

Einmal abgesehen davon, dass es sich bei der Annexion des Jordantals auch um den Zugang zu Wasser und zu den fruchtbarsten Ackerflächen handelt, werden dadurch auch die verbleibenden Autonomiegebiete Palästinas vollends von Israel umschlungen und von der Außenwelt isoliert. Ein lebensfähiges Staatsgebilde wird somit unmöglich gemacht. Die israelischen Pläne sehen nicht vor den dort lebenden Palästinenser die israelische Staatsbürgerschaft zu verleihen. Ihnen droht ganz einfach die schrittweise Vertreibung nach Jordanien oder das Schicksal von „inneren“ Flüchtlingen in die verbliebenen Restgebiete des Westjordanlandes.

 

 

Die EU in einer Komplizenrolle

 

 

Um zu begreifen wie es möglich war dorthin zu gelangen wo wir heute stehen, muss man sich an die Geschichte des Verhältnisses der europäischen Großmächte und später der EU zu Israel und seiner Politik erinnern. Die EU hat Israel zu dem gemacht was es heute ist. Die EU ist der größte Handelspartner Israels und hat es mit Milliarden subventioniert und seit dem Freihandelsabkommen von 1996 und dem Assoziationsabkommen vom Jahr 2000, ist es so eng mit Europa verbunden wie nur irgendwie möglich. Außer der politischen Vollmitgliedschaft, ist Israel heute de facto Teil der E.U. und diese finanziert die Kolonisierung des Westjordanlandes so natürlich indirekt mit. Daneben gibt es ebenfalls eine enge militärische Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Alle bisherigen Appelle zur Mäßigung von Seiten der EU-Politiker an die Adresse von Netanjahu sind also reine Krokodilstränen und stehen im absoluten Widerspruch zum tagtäglichen Handeln der EU. Man braucht sich darum nicht zu wundern wenn sie bis heute nicht ernst genommen werden.

 

Würde die europäische Gemeinschaft es ernst meinen mit ihren Prinzipien und ihrer Kritik dann hätte sie schon längst gezielt diese wirtschaftliche Kooperation in Frage gestellt und damit begonnen Sanktionen zu verhängen. Dazu müsste die europäische Bourgeoisie allerdings ihre jahrzehntelange pro-zionistische Politik zumindest teilweise aufgeben, ihre Geschichtsverdrehungen und Israel-Mythen der letzten 75 Jahre korrigieren und einen Konflikt mit den USA in Kauf nehmen (Herr Biden hat schon angekündigt dass auch er die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt nicht rückgängig machen werde). Dies würde wohl unweigerlich dazu führen dass die USA ihre besonderen osteuropäischen Freunde innerhalb der EU (Ungarn, Polen, Rumänien und die baltischen Staaten) für ihre Politik mobilisieren würde.  Eine einheitliche Haltung der EU ist darum praktisch derzeit sehr schwierig und die Verantwortung für konkrete Schritte gegen die Annexionspolitik liegen beim Kerneuropa, bei Frankreich, Deutschland, Italien und den Benelux Staaten.

 

Einst ist klar; ohne den Druck drohender massiver wirtschaftlicher und politischer Sanktionen, wird Netanjahu seine Annexions- und Vertreibungspläne durchziehen.

 

 

Die Parlamentsmotion von déi Lénk wird angenommen

 

 

In der Tat hat die gesamte etablierte politische Kaste sich in der Palästina Frage seit Jahren in eine Sackgasse manövriert aus der es ohne Splitter und Späne keinen Ausweg mehr geben kann. Allerdings dämmert es nun einigen Politikern so langsam, dass bald ein point de non-retour überschritten wird und die Konsequenzen für Europa unkontrollierbar werden. Es ist in der Tat 2 Minuten vor 12.  Nachdem das belgische Parlament mit großer Mehrheit eine Resolution gestimmt hat die Sanktionen gegen Israel im Fall einer Annexion des Jordantals fordert, hat déi Lénk ebenfalls im Parlament eine ähnliche Motion vorgelegt in der auch die Anerkennung des Staates Palästina gefordert wird. Erstmals haben die Regierungsparteien dem zugestimmt und somit ein erstes Zeichen gesetzt. Diesem ersten historischen Schritt müssen nun allerdings konkrete Taten folgen und innerhalb der EU muss dazu Klartext geredet werden. Eine gemeinsame diplomatische Initiative zusammen mit Belgien ist in Europa jetzt notwendig. Bemerkenswert bleibt auch, dass nur AdR und Piraten gegen diese Motion stimmten.

 

Auch die Zivilgesellschaft muss nun diesem historischen Wink mit der Scheunenpforte Rechnung tragen. déi Lénk sollte sich nun endlich auch der internationalen Boykottkampagne gegen Israel anschließen damit eine politische Wende im Nahen Osten möglich wird. Dieser Boykott wird ausdrücklich von der israelischen antikolonialistischen Linken und fortschrittlichen jüdischen Organisationen in den USA getragen um konkreten Druck auszuüben. Es ist also höchste Zeit, dass die Linke sich auch in Luxemburg ihrer Verantwortung bewusst wird und sich in dieser Hinsicht bewegt. Derzeit ist noch nichts entschieden, vieles steht auf des Messers Schneide und eine weitere „Nakba“ (Katastrophe) bedroht weiterhin das palästinensische Volk.

 

 

Alain Sertic 05/07/2020




Zur Rolle der « alternativen Linken » in der aktuellen Rezession

Auch die alternative Linke wird durch die von der Corona-Pandemie gezündete Rezession vor eine neue Realität gestellt. Hatte man sich doch gerade erst mit einer notwendigen Entschleunigung der Wirtschaft angefreundet so wurde man nun aus heiterem Himmel mit dem Zurückschalten der industriellen Produktion konfrontiert. Zwei Monate später folgen dann milliardenschweren Konjunkturprogramme um genau diese Industrien erneut wieder anzukurbeln. Die Stabilitätskriterien der E.U., der Fiskalpakt und die Schuldenbremsen wurden im Handumdrehen über Bord geworfen und die weltweiten „Rettungspakete“ übersteigen das Volumen der Bankenrettung von 2008 und alles was es bisher in dieser Art gegeben hat.

 

Schon ab Ende 2018 ging u.a. in Deutschland die Industrieproduktion zurück und lag im Juni 2019 um 5,2% unter demselben Vorjahresmonat. Der Zeitraum seit dem Bankenkrach von 2008/09 hat die Unfähigkeit des Systems zu einem strukturellen Kurswechsel eindeutig bewiesen. 12 Jahre danach stehen wir erneut vor den gleichen Problemen, nur die Dimensionen sind um vieles grösser geworden. Man war auf der gleichen Schiene ganz einfach auf Kredit weitergefahren und die Folgen sind eine massive weltweite Verschuldungen aller Akteure (Staaten, Konzerne, Haushalte), eine erneute industrielle Überproduktion, Verdrängungs- und Handelskriege, und eine noch hemmungslosere Umweltzerstörung die eine planetare Klimakatastrophe heraufbeschwört.

 

Triumpf und Ohnmacht des « Keynesianismus » 

 

Genau wie vor 12 Jahren soll nun weltweit durch noch mehr Finanzspritzen aus Steuergeldern und billige Kredite in Höhe von hunderten Milliarden dieses auf Profit und Verdrängungswettbewerb aufgebaute System erneut in Schwung gebracht werden. Es gäbe keine Alternative dazu, wird uns gesagt, ansonsten drohe der Bankrott und massive Arbeitslosigkeit. Wurde uns vor einigen Monaten noch erzählt, dass man kein Geld hätte für den ökologischen Umbau der Wirtschaft und einen Schuldenerlass für Griechenland oder die dritte Welt, scheint vorerst die Kapitalbeschaffung auf Pump oder vom Staat für die Konzerne kein Problem mehr zu sein. Die Anhänger von John Maynard Keynes in der Linken, die in Krisenzeiten mit öffentlichen Aufträgen, staatlichen Krediten und Arbeitsbeschaffungs-programmen den Kapitalismus retten wollen, könnten sich eigentlich freuen. Alle Regierungen in Europa tun das Gleiche. Das Problem ist nur, was bei kleineren konjunkturellen Krisen half, wird bei diesem globalen „Crash“ nicht mehr wirken, weil allgemein keine neuen Absatzmärkte existieren. Im aktuellen Fall werden die Konzerne dieses Kapital nicht zum ökologischen Umbau, sondern zur Erhöhung ihrer Produktivität, also zur Anfeuerung des Konkurrenzkampfes verwenden. Das Problem wird nicht gelöst, sondern nur auf eine höhere Ebene verlagert.  Eine politische Strategie der Linken die lauten würde erst einmal kurzfristig den Kapitalismus retten, um ihn dann nachher (vielleicht) zu verbessern und zu zähmen, würde für die alternative Linke in einem politischen Desaster enden.

 

Die Systemfrage drängt auf die Tagesordnung

 

Der springende Punkt bei dieser Krise ist ganz einfach, dass das „Nachher“ nicht die Fortführung des „Vorher“ sein kann. Ohne einen radikalen Paradigmenwechsel, werden die Probleme letztlich nur verstärkt. In dieser Situation muss die radikale Linke die Systemfrage stellen und mit praktischen Forderungen und Vorschlägen eine Alternative zum Kapitalismus propagieren. Die liberale Profitwirtschaft führt die Menschheit alle paar Jahre und in immer kürzeren Abständen in ein immer globaleres Chaos. Der Drang nach „Wachstum um jeden Preis“, wird als einziges Mittel gepriesen um aus der Krise heraus zu kommen, dabei ist das ja gerade die Ursache der globalen Krise. Es ist ein Teufelskreis der nur bewusst-politisch durchbrochen werden kann.

 

Jede Krise ist aber auch immer eine Chance für die Infragestellung dieses Systems. Die Begrenzungen des auf globalen Profit ausgerichteten Systems müssen durchbrochen werden. Das erste Prinzip muss lauten:

 

  • Wir zahlen nicht für eure Krise und haften nicht für eure Schulden! Kein Schulterschluss und keine Teilnahme an nationalen Wideraufbauplänen des Kapitalismus!

 

  • Ohne soziale Mobilisation der Lohnabhängigen in Europa wird es keine wirksame soziale Verteidigung der sozialen Errungenschaften geben und schon gar keine Durchsetzung von offensiven Forderungen die den Rahmen der Marktwirtschaft in Frage stellen.

 

  • Gegen den kommenden Anstieg der Arbeitslosigkeit müssen unbedingt spürbare Arbeitszeitsenkungen durchgesetzt werden.

 

  • Bankrotte Firmen in strategisch wichtigen Sektoren der Ökonomie müssen verstaatlicht werden. Ebenso ist eine Verstaatlichung des Bank- und Kreditwesens unumgänglich um weitere Finanzspekulationen zu verhindern.

 

  • Diese Krise muss genutzt werden um einen ökologischen Umbau der Wirtschaft einzufordern und zu beginnen. Dazu gehört eine Begrenzung des Flugverkehrs, eine Wende in der Verkehrspolitik, generell weg vom Individualverkehr, hin zum Kollektivtransport.

 

  • Schluss mit der militärischen Rüstung und Forschung! Darum, massive Reduzierung der Militärhaushalte.

 

  • Die Erhöhung der Hungerrenten und Löhne in Europa wäre das beste Konjunkturprogramm für Handel und Wirtschaft.

 

  • Die Schulden der „dritten Welt“ müssen gestrichen werden und unter ökologischen Auflagen sollen neue Investitionen erfolgen.

 

Es muss uns klar werden, dass wenn es dem Kapitalismus gelingen würde die jetzige Krise in seinem Interesse zu überstehen, uns dann eine noch viel schlimmere Periode von sozialer Ungleichheit, von Zerstörung der Umwelt und Interventionskriegen bevorstehen würde. So wenig ein Zurück in die 1960er Jahre möglich ist, sowenig wird es ein Zurück in die Zeit vor 2008 oder vor 2020 geben. Das Kapital hat keinen anderen Ausweg als den des Neoliberalismus und kann nur geschlossen die Flucht nach vorne antreten. Der Preis für die dafür notwendige Restauration der Profitrate würde dem arbeitenden Teil der Menschheit, aber auch der Umwelt teuer zu stehen kommen.

 

 Ökosozialismus versus « Green New Deal »

 

Diese beiden Bezeichnungen stehen als Sammelbegriffe für 2 unterschiedliche Konzepte.

 

Der « Green New Deal » (GND) ist eindeutig ein Programm zur Umstellung der kapitalistischen Wirtschaft auf ökologische Produktion durch ein staatlich finanziertes Investitionsprogramm, bei dem die DNA des Systems, nämlich der Zwang nach Wachstum und nach Profit – also die kapitalistische Akkumulation – nicht in Frage gestellt werden. Der ″Green New Deal″ ist und bleibt ein Reparaturprogramm des neoliberalen Kapitalismus das letztendlich nicht klappen kann.

 

Dem gegenüber steht der Ökosozialismus für die Erkenntnis, das nachhaltige Klima- und Sozialpolitikpolitik unvereinbar sind mit den grundlegenden Mechanismen der Geldherrschaft. Einen grünen, klimagerechten Kapitalismus kann es nie geben. Das Wachstum der profitorientierten Wirtschaft bedeutet folglich immer mehr Ressourcenverbrauch und mehr Zerstörung der Umwelt. Die Mechanismen, die uns in diese Krise geführt haben, taugen also nicht als Mittel um uns aus ihr heraus zu führen. Es muss demnach eine grundlegende und radikale Abkehr von den Prinzipien der bisherigen Produktionsweise erfolgen. Dazu bedarf es einer radikalen Senkung des Energie- und Rohstoffverbrauchs: die fossilen Energieträger (Kohle, Öl und Gas) müssen im Boden bleiben. Der individuelle Autoverkehr muss konsequent gesenkt werden. Eine Rekonversion der  Autoindustrie ist unabdingbar. Verkehrs- und Transportwege müssen verkürzt werden, die Produktion muss „entschleunigt“ werden. Die Arbeit muss auf alle gerecht verteilt werden, und so weiter…  Allein diese unvollständige Auflistung von nur einigen Zielsetzungen verdeutlicht sofort die Unvereinbarkeit mit der herrschenden Eigentumsverhältnissen. Wollen wir die Gesellschaft ernsthaft verändern muss also die Machtfrage gestellt werden. Eine umfassende Demokratisierung von wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen muss zur Grundlage eines klimagerechten und sozialen Umbaus der Wirtschaft werden. Diese Krise wird wohl zur Schicksalsfrage der europäischen Linken werden.

 

Alain Sertic 31/05/2020




Crises, blocus et menaces de guerre au Venezuela

Depuis plusieurs semaines le Président américain Trump et la droite réactionnaire autour de l’équipe Guaidó font tout pour préparer un nouveau coup de force contre le gouvernement bolivarien du Venezuela.

  

Une politique impérialiste criminelle des américains

 

Concentration de plusieurs milliers de soldats et formation d’unités paramilitaires composés de mercenaires en Colombie, présence de la marine US devant les côtes vénézuéliennes. Blocus et sanctions de vente d’aliments, de médicaments et d’accès aux crédits du FMI. Le 26 mars, le département de justice US ont annoncé des poursuites pour narcotrafic contre le Président Maduro et une dizaine d’autres dirigeants vénézuéliens, et offrent une prime de 15 millions de dollars pour sa tête. L’escalade actuelle, sur fond de pandémie COVID, se dirige vers une agression militaire ouverte.

 

Suite aux sanctions économiques multiples, l’économie (qui est toujours capitaliste, il faut le souligner) est durement affectée et le peuple survit seulement grâce aux rationnements. Les pénuries d’aliments et de médicaments sont récurrentes. Le pays connait sa septième année de récession et suite à l’effondrement monétaire et la chute du prix mondial du pétrole, le pouvoir d’achat des salariés et devenu quasi nul.

 

Dans ce contexte de crise la propagation de l’épidémie Corona dans le pays aurait des conséquences démesurées au Venezuela et au-delà. Pour cette raison l’ONU, l’union européenne et même le pape François et le Financial Times ont pris leurs distances vis-à-vis de la politique de la « pression maximale » de Donald Trump, sans pour autant la contrarier efficacement.

 

Blocus, sanctions et menaces de guerre

  

Devant l’état des choses la classe ouvrière est choquée, désorientée et partiellement démoralisée. Tous – ou presque tous – les acquis de l’ère Chavez ce sont évaporés et un sentiment de frustration est générale, ce qui empêche l’émergence d’un mouvement populaire de protestation à gauche de la politique de Maduro. Les gens ne se font pas d’illusions sur ce qui les attend après une hypothétique victoire de la droite réactionnaire à la Guaidó, et ils ne savent pas comment influencer et corriger la direction du PSUV, largement discrédité par leurs compromis avec le système capitaliste qui a mené e Venezuela dans le chaos actuel.

 

Pourtant les causes et les faiblesses du chavisme viennent de loin, et maintenant devant l’ampleur de la crise sociale et économique il devient urgent de faire un bilan clair et critique.

C’est Hugo Chavez lui-même qui a façonné le « Mouvement pour la cinquième république » à partir d’une conjuration d’officiers de gauche, et qui a implanté dès le début plusieurs déformations et des approches pragmatiques, voire opportunistes, dans ce qui allait devenir dans la suite le mouvement bolivarien.

 

Pour évoquer seulement les principaux points critiques :

 

  • La conception « interclassistes » du Mouvement. Le PSUV n’est pas un parti révolutionnaire des ouvriers et paysans, mais une structure qui a comme objectif de rassembler aussi la « bourgeoisie patriotique », ce qui veut dire : faire l’alliance avec la partie du patronat qui accepte des arrangements profitables avec le nouveau régime.

 

  • La conséquence principale de ce choix, c’est directement le refus d’encourager l’auto-organisation autonome des travailleurs dans les entreprises. Pas de structures de conseils d’ouvriers (de soviets) sur les lieux de travail. Le résultat en est la limitation au système parlementaire bourgeois et au système représentatif indirect.

 

  • Le culte du chef, du « caudillo » comme juge suprême en dernière instance. Par exemple, Chavez est intervenu plusieurs fois dans la composition des listes électorales régionales et nationale en imposants des personnages douteux, des patrons pro-Chavez, contre des syndicalistes et militants de gauche.

 

  • Pas de visions et de programme clair sur le pouvoir de la classe ouvrière et d’une future société socialiste. Cette vue des choses à mené directement vers une compréhension « campiste » de la réalité mondiale. Posez une fois la question à un chaviste sur la différence entre la révolution mexicaine et cubaine ! Les questions de la propriété privé et de l’accumulation du capital sont absentes ou largement sous-estimés dans le programme chaviste.

 

  • L’enrichissement personnel est nullement banni dans l’idéologie et la pratique bolivarienne. Chavez a donné une nouvelle constitution à la République, mais l’appareille d’État est resté le même dans ses structures et son personnel.

 

  • Ainsi beaucoup de cadres chavistes ont une activité commerciale parallèle avec leurs mandats ou responsabilités politique. Ils connaissent alors les besoins du marché et ont un accès aux « crédits illégal » via le trésor public. Lénine et Trotski ont permis l’enrichissement privé lors du temps de la politique de la NEP, mais cette activité était honnie et mal vue pour les cadres révolutionnaires. À Caracas, c’est tout le contraire. Naturellement, il devient difficile pour les véritables socialistes de lutter contre la spéculation alimentaire et le marché noir quand presque tous les cadres, à tous les niveaux, ont leurs « business » à côté. Après la mort de Hugo Chavez ces pratiques ont pris une nouvelle dimension. En 2013, quand Maduro est devenu président, il a nommé comme présidente de la Banque centrale une économiste marxiste intègre, Edmée Betancourt. Lors du contrôle des comptes elle a dû constater un passif de devises de 23 800 millions de dollars qui avaient disparu des coffres de la Banque centrale et avaient été transférés légalement au secteur bancaire privé. Maintenant on estime que 350 milliards de Dollars ont disparu ainsi !

 

Lutter contre la droite réactionnaire et les bureaucrates-profiteurs

 

Cette masse d’argent reflète l’apparition d’une nouvelle caste. Elle est composée de fonctionnaires d’État, de la bureaucratie de PSUV, d’un secteur des forces armées, et de certains appareils syndicaux. Quand Chavez se rendait pour la dernière fois à Cuba, il a professé à deux de ses amis : « Je me sens infiltré dans ce gouvernement ». Dans son propre gouvernement ! C’était de sa part le constat honnête des erreurs, des faiblesses et des retards ou des incompréhensions politiques accumulés.

 

Pourtant la bataille n’est pas encore perdue et le peuple vénézuélien n’a pas encore dit son dernier mot. Un second souffle de la révolution bolivarienne reste possible, c’est ce que redoute aussi bien la vieille bourgeoisie comprador et l’impérialisme U.S. que les nouveaux accapareurs de la République chaviste. Les révoltes du Chili et de l’Equateur, ainsi que les résistances contre les néolibéraux en Bolivie et en Argentine le prouvent. Pour ça, le Venezuela a besoin de la solidarité de la gauche européenne. Les menaces de Donald Trump doivent cessez. Le blocus économique, commercial et financier doit cesser. Une aide d’urgence en crédits et en médicaments doit parvenir au Venezuela. Le gouvernement Maduro est jusqu’à présent le seul légitime, pas les marionnettes de Trump. Indépendamment des erreurs et dégénérations politiques, la Nation vénézuélienne a droit à la non-ingérence et à son autodétermination. La gauche radicale a le devoir de critiquer les dirigeants bolivariens, mais elle a aussi un devoir de solidarité contre la politique ouvertement impérialiste des États-Unis et de leurs alliés.

 

Alain Sertic  20/04/2020

 

 

 

 

 

 

 

 




Niederlagen für Jeremy Corbyn und Bernie Sanders – Was nun?

Zwei Hoffnungsträger der sozialdemokratischen Erneuerung stehen vor dem vorläufigen aus. Jeremy Corbyn hat im Kontext des Brexits eine historische Parlamentswahl in England verloren und Bernie Sanders hat den zweiten Preis bei der Nominierung des US-Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei erhalten. In beiden Fällen kann man das nur als Rückschläge für diese Exponenten der institutionellen Linken bewerten. War diese Entwicklung also unvermeidbar und welche Lehren kann man daraus ziehen?

 

Der Fall Jeremy Corbyn

 

Nach langen Jahren neoliberaler Chefs an der Spitze der Labour Party war die Wahl von Corbyn zum Parteivorsitzenden ein spektakulärer Durchbruch für die Linke in Großbritannien. Seine Prioritäten und Aussagen, weg von der Akzeptanz des Neoliberalismus, bestätigten den politischen Kurswechsel und beflügelten die kühnsten Hoffnungen. In den folgenden Monaten gewann Labour tausende neue und junge Mitglieder wodurch erneut sozialistische Forderungen und Lösungen zur Debatte kamen.

 

Allerdings wurde Corbin in der Folgezeit mit Problemen konfrontiert die so nicht im Fahrplan vorgesehen waren.

 

  • Das waren vor allem die tiefsitzende Ablehnung der E.U. als supranationales Staatsmodell in weiten Teilen der traditionellen Arbeiterklasse, in deren Augen die E.U. die Schuld am industriellen Niedergang Britanniens trug und ihren sozialen Abstieg zumindest nicht stoppen konnte. Dieses Potential wurde von der reaktionär/nationalistischen Rechten erschlossen.

 

  • Labour war in der Frage zur E.U. gespalten und Corbyn wollte dazu keine klare Antwort eines „linken Brexit“ entwickeln und durchsetzen. Dies hätte eine konsequente Weiterführung eines sozialistischen Programms und einer linken Kritik an der E.U. erfordert, denn ein „linker Brexit“ hätte tiefgreifende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen im Königreich unausweichlich gemacht. Corbyn setzte im Gegenteil eher auf Reformen in den Beziehungen zur E.U. die er der Arbeiterklasse nicht glaubhaft vermitteln konnte.

 

  • Im Rahmen seiner Kompromisslinie, ausgerichtet auf den Erhalt der Einheit der Labour Party, versäumte Corbyn es die Dynamik der Anfangsjahre auszunutzen um die damals minoritäre alte Generation der rechten Parteibürokraten aus Tony Blairs Zeiten abwählen zu lassen. Er versuchte sie einzubinden anstatt sie durch neue Linke zu ersetzen. Als Dank dafür erntete Corbyn dann die gegen ihn inszenierte „Antisemitismus Kampagne“ der Parteirechten!

 

  • In der Labour Hochburg Schottland wird die Arbeiterpartei nun vermehrt mit der nationalistisch/separatistischen SNP konfrontiert die den Unzufriedenen eine nationale Unabhängigkeit als gesellschaftliche Alternative anbietet. Eine klare internationalistische Herangehensweise in dieser Problematik wurde ebenfalls verpasst.

 

Fazit: Die gegenüber der E.U. und dem Brexit unklare politische Linie und die Vermeidung einer Polarisierungen – u.a. des bewussten Anfachens realer sozialer Kämpfe und Streiks – haben die Wahlniederlage des institutionell ausgerichteten linken Gentlemans Corbyn bewirkt. Ironie der Geschichte: Gerade viele englische Ur-Proletarier verstanden ihn darum nicht und verweigerten dem politisch linksten Labour Führer seit 100 Jahren im entscheidenden Moment ihre Wahlstimme.

 

Der Fall Bernie Sanders

 

Die institutionelle Politik in den USA besteht aus zwei bürgerlichen prokapitalistischen Parteien, wobei die Demokratische Partei sich seit jeher als Sprachrohr für die Anliegen der Verlierer des Systems versteht. Anfang des 20ten Jahrhunderts gelang es der Bourgeoisie aufgrund der imperialen Expansion und der ethnischen Spaltung der Arbeiterklasse das Aufkommen von Arbeitermassenparteien wie in Europa zu verhindern. Die Krise der US Gesellschaft überträgt sich auf das 2-Parteien-System. Dieser Hintergrund erklärt die spektakuläre Resonanz des Senators aus Vermont, Bernie Sanders, Alexandria Ocasio-Cortez und der DAS (Democratic Socialists of America), die sich die Themen soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit auf ihre Fahnen geschrieben haben.

 

Obwohl die programmatischen Forderungen der DSA aus europäischer Sicht betrachtet sehr bescheiden und elementar anmuten (wie z.B. ein bezahlbares Universitätsstudium, allgemeine Gesundheitsversicherungen usw.), gelten sie in den USA als sozialistisch. Man kann es Sanders als eindeutigen Verdienst anrechnen, dass er dazu beitrug den Konsens der Verteuflung sozialer und sozialistischer Forderungen aufzubrechen.

 

Das ändert allerdings nichts an dem Problem, dass die D.P. weiterhin eine bürgerliche Partei bleibt die von Millionären beherrscht und geführt wird. Sie tolerieren bewusst einen sozialen Flügel in ihren Reihen um die Bildung einer autonomen Arbeiterpartei zu verhindern und sie brauchen die Stimmen der Arbeiterklasse um gegen die Rechte eine Chance zu haben.

 

Das US Wahlsystem ist als Majorz-System mit indirekten Wahlmännern in unterschiedlicher Zahl je nach Bundesstaat wohl eines der ungerechtesten der Welt. Nicht umsonst konnte Trump mit 3 Millionen Stimmen weniger als Clinton die Präsidentschaft gewinnen. All diese Hürden erschweren die Etablierung einer Arbeiterpartei gegen das 2-Parteien-System. Letztendlich darf der soziale Widerstand in den USA dieses strategische Ziel aber nicht aus den Augen verlieren. Ohne die Existenz einer eigenständigen Arbeiterpartei, zumindest in den wichtigsten Bundesstaaten, werden die sozialistischen Kandidaten in der D.P. immer den Kürzeren ziehen und ihre Interessen auf der Strecke bleiben. Das enorme Prestige, das die Linke nun gewonnen hat muss dazu genutzt werden ihre eigenständigen Forderungen zu artikulieren und sich weiter aufzubauen, in Erwartung eines unausweichlichen „Bruchs“ dessen Zeitpunkt noch nicht feststeht.

 

                                                                                                                                                                                                                                                                      Alain Sertic   09/04/20    

 




« Green New Deal » unter näherer Betrachtung

Das grüne Schlagwort „Green New Deal“ geistert derzeit umher und wird zum Teil sehr unterschiedlich interpretiert und gebraucht. Eine notwendige Klärung unserer Haltung dazu scheint mir unabdingbar. Unser Freund Thies Gleiss (Mitglied im Vorstand von DIE LINKE) hat sich die Mühe gemacht einmal einige grundsätzliche Punkte klarzustellen deren wesentliche Aussagen hier wiedergegeben werden. (Alain Sertic)

  

Der linke grüne New Deal

 

Maßgebliche Kräfte in der Linken, auch der neue „Aktionsplan Klimagerechtigkeit“ der Bundestagsfraktion, wollen die bisherige Schwierigkeit der LINKEN, das Thema Ökologiekrise und Klimagerechtigkeit in ihre Politik zu integrieren, mit einer Kampagne für einen „Linken Green New Deal“ beheben. Ein umfassendes Programm von tausenden von Einzelmaßnahmen soll eine „Klimawende“, eine „Energiewende“, eine „Verkehrswende“ und neue Welthandels-Friedenssysteme begründen und sehr kurzfristig umsetzen. Fast jede dieser Einzelmaßnahmen, die darin gefordert werden, ist sinnvoll. Einige sind auch diskussionswürdig, wie die Co₂ -Steuer. Andere Maβnahmen fehlen mir: So ist es, um die fortgesetzte Zersiedelung und Trennung von Wohn-, Einkaufs- und Arbeitsplätzen zu mindern, sinnvoll, die Bezahlung der Fahrtzeit zum Arbeitsplatz als Arbeitszeit zu verlangen. Aber insgesamt verhüllt die Menge an Einzelforderungen leider die Notwendigkeit, schnell und radikal Maβnahmen gegen die Macht der Profitwirtschaft und des Privateigentums an Produktionsmitteln zu ergreifen. Die Ziele werden zu sehr vom Machbaren und nicht vom Notwendigen abgeleitet – klassischer Reformismus also.

 

Die großen Weichenstellungen einer linken Umweltpolitik dürfen nicht in einer Fülle auseinandergereihter Einzelforderungen unkenntlich gemachte werden!

 

Es müssen Sofortziele benannt werden:

 

  • dass weniger Energie und Rohstoffe verbraucht werden;
  • dass die fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben;
  • dass weniger Autos und sonstige schädliche Produkte verkauft werden;
  • dass Verkehrs- und Transportwege drastisch verkürzt werden;
  • dass mehr Dezentralismus und regionale Kreisläufe entwickelt werden;
  • dass Entschleunigung ein neues Leitbild der gesellschaftlichen Entwicklung wird;
  • dass die Ökologische Krise mit der sozialen Krise aus Ungleichheit und Ungerechtigkeit zusammen gelöst wird.

 

Allein diese Auflistung der großen Zielsetzungen zeigt, dass dies nicht mit der herrschenden Eigentumsordnung vereinbar sein wird.

 

Der Begriff „New Deal“ erinnert an die politischen Maßnahmen Präsident Roosevelts in den USA der dreißiger Jahre, die vor dem Hintergrund großer sozialer Unruhen und gewerkschaftlicher Kämpfe stattfanden. Es war der – letztlich erfolgreiche – Versuch der herrschenden Klasse, den Kapitalismus zu retten und wieder größere Akzeptanz bei den Massen zu bekommen. Die LINKE sollte aber nicht versuchen den Kapitalismus zu retten, sondern ihn bekämpfen und abzuschaffen. Der New Deal hat die grundlegenden Mechanismen des Kapitalismus – mehr Wachstum, mehr Energieverbrauch, mehr Ressourcenvergeudung, mehr Verwandlung in Waren – nicht ausgesetzt, sondern ausdrücklich gefördert.

 

Der Zusatz „Green“ zum New Deal wurde erstmals in den achtziger Jahren benutzt. Seit 2009 ist er offizielle Zielsetzung in den Programmen der GRÜNEN. Zur EU-Wahl 2019 hat die Organisation DIEM25 von Janis Varoufakis den Green New Deal ausdrücklich zum Programm erklärt. Heute ist er vor allem in den USA bei den neuen, links-sozialdemokratischen Demokraten – Bernie Sanders, Alexandra Ocasio-Cortez und anderen – verbreitet. Auch dort wird er nicht als Kampfprogramm gegen den Kapitalismus, sondern als Reparaturprogramm für ihn benutzt. Wenn LINKE jetzt auch noch den Zusatz „linker“ Green New Deal einführen, so klingt das nicht nur sehr bemüht, sondern ist es auch. Die grundlegende Kritik, dass auch damit nur eine Reparatur des Kapitalismus angesprochen werden soll, bleibt.

 

Linke Politik gegen die Klimazerstörung muss im Mittelpunkt ordnungspolitische Maßnahmen gegen das Privateigentum an Produktionsmitteln haben. Unser Modell ist eine weltweite soziale gerechte Wirtschaftsordnung, die weniger zentralisiert ist als der heutige Imperialismus, die entschleunigt und nicht weiter beschleunigt, die auf allen Ebenen den Kapitalismus zurückdrängt, einschließlich neuer solidarischer Mechanismen zur Kriegsvorbeugung.

 

New Deal – egal ob als linker oder grüner oder beides – will die Zukunft mit denen, die sie heute mit aller Macht verbauen, aushandeln. Das wird nicht klappen. Linke Politik muss handeln und nicht verhandeln, sie muss sich den Kräften des Kapitalismus entgegen stellen und durch Boykott, Verweigerung, Streiks, und wie es auch immer genannt wird, die kapitalistische Normalität stoppen und durchbrechen, um einer sozialistischen Alternative den Weg zu bereiten.

 

Thiess Gleiss

                                                                                                       

Fazit:

 

Der Kapitalismus ist nicht grün einzufärben. Keines der unzähligen Modelle und Konzepte der ökologischen Neuausrichtung sowie internationale Konferenzen, haben den Fortgang der Zerstörung von Umwelt und Klima grundsätzlich gestoppt oder auch nur merklich verlangsamt. Es sind die Grundeigenschaften des Kapitalismus, die dem entgegenstehen. Alle Gegenstände und Abläufe im Zusammenleben der Menschen werden vom Kapital in Waren verwandelt. Der Wachstumszwang der Profite ist die entscheidende DNA im Kapitalismus.

 

Alain Sertic 25/03/2020




Covid-19 und seine Folgen – Symptom einer planetaren Gesellschaftskrise

Nach der Implosion der Finanzblase 2008 wurde der Zusammenbruch der Weltwirtschaft mittels massiver staatlicher Eingriffe verhindert. Die Mittel dazu waren eine riesige Refinanzierung der Banken mit öffentlichen Geldern, zeitweilige Verstaatlichungen, eine seit Jahren andauernde Niedrigzinspolitik die Kredite so billig machte wie noch nie und eben öffentliche Aufträge an die Wirtschaft. Trotz dieser Strategie des billigen Geldes und der Unterstützung des bankrotten Banksektors wackelt das weltweite Finanzsystem nun erneut in seinen Grundfesten.

Seit etwa 2 Jahren halten unabhängige Ökonomen eine erneute weltweite Wirtschaftskrise für unausweichlich. 2008 hatte das politische Establishment auf den Knien geschworen ab sofort alles anders und besser zu machen. Riesige obligatorische Kapitalreserven sollten zukünftig die Banken vor faulen Kreditgeschäften schützen, Risikokredite sollten strenger kontrolliert und reguliert werden, usw. Nachdem der erste Schock verflogen war und das Wachstum langsam wieder anlief verschwanden viele dieser Vorsätze in den Schubladen. Durch die Zugkraft der „chinesischen Lokomotive“ saß der Neoliberalismus schon zwei Jahre später wieder so fest im Sattel, dass er ungeniert TTIP und CETA in die Wege leiten konnte. Ein Jahrzehnt lang lief darum alles auf derselben Schiene weiter wie vorher: die Privatisierung öffentlicher Dienstleitungen ging ebenso unvermindert weiter wie Steuergeschenke an Banken und Konzerne. Mittels E.U. Fiskalpakt und Haushaltsdeckelung wurden in Südeuropa soziale Kürzungen erzwungen, die unter anderem durch die Corona Seuche jetzt für jedermann sichtbar werden. Das Covid-19 ist sicher nicht die Ursache für die kranke Weltwirtschaft, bestimmt aber der Auslöser für eine erneute Rezession von der noch niemand weiß wie stark ihre Erschütterung werden. Fest steht, dass das Problem nicht so einfach wieder mit einer Neuauflage der Rettungsschirme und -pakete von 2008 überbrückt werden kann.

Die Lektionen die man aus dieser Erfahrung ziehen kann sind eindeutig, sie lauten:

 

• Der Kapitalismus im heutigen Entwicklungsstadium ist ein weltumspannendes, totalitäres System, dem nur die Flucht nach vorne offensteht. Der Zwang zu Wachstum und Profit – letztendlich um jeden Preis – gehört zur DNA des Systems. Im 21ten Jahrhundert ist ein „progressiver Kapitalismus“, wie ihn der Ökonom Joseph Stiglitz als Alternative zum Neoliberalismus fordert, nicht mehr möglich und eine pure Illusion. In Anbetracht der globalen Klimakatastrophe und der immer explosiver werdenden Lage in den „Entwicklungsländern“ ist die Hoffnung auf eine Kurskorrektur oder auf einen Umbau des Systems in Eigenregie völlig naiv. Selbst ein freiwilliges Runterschrauben auf ein ″erträglicheres Niveau″ des Kapitalismus, so wie es vor 25 Jahren existierte, würde weltweit den Ruin oder zumindest die teilweise oder totale wirtschaftliche Entmachtung großer Teile der Bourgeoisie bedeuten, die dem niemals ohne Zwang zustimmen würde.

• Wer an diesem Zustand etwas ändern möchte muss konsequent die interne Logik und Wesensmerkmale des Systems auβer Kraft setzen. Das ist nur möglich wenn eine entschlossene Massenbewegung in einem bestimmten Moment – wenn der Faden reißt und große Teile der Bevölkerung nicht mehr gewillt sind die bestehenden Verhältnisse hinzunehmen (wie derzeit z.B. Chile, Libanon …) – anfängt sich aktiv in die Politik einzumischen und das Heft in die Hand nimmt. Dieser Prozess muss allerdings vorrangig in den wichtigsten westlichen Industriestaaten einsetzen.

 

• Die Erfahrung seit den 1980er Jahren lehrt, dass wir uns weltweit immer weiter vom Projekt eines sozialen und umweltverträglichen Kapitalismus entfernen. Warum ist das so? Eben weil unser Planet und seine Ressourcen begrenzt sind und die wachsende Masse an Geld (Kapital) immer mehr „Natur“ aber auch „soziale Errungenschaften“ zerstören muss um weiter wie bisher funktionieren zu können. Vor dem Hintergrund der sich anbahnenden Klimakatastrophe ist diese Pandemie eine weitere ungeheure Aufforderung an die politische Linke den Kampf gegen den Kapitalismus zu intensivieren. Sie muss ihre weltweite Massenmobilisation gegen die sozialen Folgen dieser Katastrophen verstärken. Neoliberalismus, Klimakrisen und Epidemien kennen keine Grenzen, wir sollten uns auch an keine mehr halten.

 

Alain Sertic

25/03/2020




Die Herausforderung einer neuen Weltlage

Die protektionistische Politik von US-Präsident Trump hat die wachsenden Widersprüche innerhalb des kapitalistischen Weltmarktes nun für jedermann sichtbar gemacht. Die steigende Differenzierung zwischen den Industriestaaten, was Produktivität, Handelsüberschüsse oder -defizite und Staatsverschuldung angeht, hat innerhalb von wenigen Monaten die seit fast 70 Jahren geltenden Verhältnisse des „freien Westens“, der auf freier Marktwirtschaft und friedlichem Wettbewerb beruhte, grundlegend in Frage gestellt. Was bedeutet dies für eine linke Politik?

Die USA als Herold des freien Welthandels sind gerade dabei, ihre engsten Alliierten ganz offen als zweitrangige Vasallen zu behandeln. Internationale Verträge werden willkürlich gebrochen, jahrzehntelange Partner werden unter massivem Druck zum Abbruch von Handelsbeziehungen gezwungen, Zollschranken werden aufgebaut. Mit der Exterritorialisierung wird die gesamte Welt der Gerichtsbarkeit des US-amerikanischen Imperialismus unterstellt. Wer nicht gehorcht, wird massiv mit Sanktionen bedroht.

Die in Wirklichkeit kränkelnde Weltmacht tritt unter Trump die Flucht nach vorne an und hat damit begonnen, den bisherigen Konsens eines multilateralen Welthandels aufzukündigen. „America first“ heißt nun die Parole, und Trump ist bereit alle Regeln, die ihm im Wege stehen, dafür auszuhebeln. Die Macht des Dollars als Weltwährung sowie die militärische und technologische Stärke und Präsenz der USA in der Welt werden dabei als Waffe eingesetzt. Es droht nun ein Konflikt zwischen „westlichen Industriestaaten“, wie wir ihn seit dem Ende des 2. Weltkrieges in dieser Form nicht mehr kannten.

Perspektiven einer linken Politik

Linke Kräfte wie déi Lénk sollten folgende Schlussfolgerungen aus dieser Entwicklung ziehen:

1. Die Politik der Unterordnung unter die Hegemonie des „großen Bruders“ USA, wie sie seit 1945 von den europäischen Regierungen betrieben wurde, ist kläglich gescheitert und hat zu einem Scherbenhaufen geführt. Was derzeit abläuft ist nur ein Vorgeschmack auf das was uns noch bevorsteht.

2. Die USA werden nun von ihren „europäischen Verbündeten“ immer ungerechtere Handelsabkommen und separate bilaterale Verträge verlangen, ähnlich wie z.B. mit Staaten der Dritten Welt. Jeder Schritt in diese Richtung muss konsequent bekämpft werden. Als Einfallstor nach Europa werden die Ex-Ostblockstaaten und Großbritannien benutzt werden.

3. Eine Politik der Abkoppelung und Eigenständigkeit drängt sich für die E.U. auf. Es bedarf dringend Alternativen zu US-amerikanischen Monopolen in gewissen Bereichen wie z.B. bei der GPS-Navigation, dem Internet und anderen Kommunikationssystemen. Die ungenierte Spionage mittels dem „Echelon-System“ und anderen NATO-Instanzen muss sofort beendet werden.

4. Im Welthandel ist ein Bruch mit dem US-Dollar als Weltwährung unvermeidlich. Der Euro oder andere europäische Währungen müssen als internationales Zahlungsmittel mit dem Rest der Welt durchgesetzt werden. Die europäischen Goldreserven müssen umgehend aus den USA zurückgezogen werden. Die Funktion des IWF muss der neuen Lage angepasst werden.

5. Entscheidend um sich dem Würgegriff der US-Politik widersetzen zu können, sind die zukünftigen Beziehungen der E.U. zur Russischen Föderation und zur Volksrepublik China. Wenn hier kein Umdenken erfolgt, werden die europäischen Staaten (bzw. die E.U.) mittelfristig auf das Niveau von Vasallen-Staaten wie Mexico oder Brasilien absinken.




Venezuela – der Marsch in den Bürgerkrieg

Der vor mehr als 3 Jahren einsetzende Verfall des Ölpreises hat Venezuela in eine tiefe Wirtschafts- und Gesellschaftskrise gestürzt. Nach nun mehr als 6 Monaten täglicher, gewalttätiger Demonstrationen der Rechten, beginnt nun in Teilen des Landes ein offener Zersetzungsprozess der staatlichen Ordnung. Vor dem Hintergrund einer manifesten Versorgungs- und Verteilungskrise an Lebensmitteln, werden nun einzelne Städte, Regionen oder Viertel von gewalttätigen Mafia ähnlichen Banden regelrecht beherrscht. In diesem Kontext hat Präsident Maduro die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung beschlossen, wohl mit dem Ziel, den Konflikt auf die Ebene der politischen Debatte zurück zu führen. Dazu ist es allerdings zu spät. Die Krise hat nun eine derartige Intensität erreicht, dass ein gewaltsamer Konflikt wohl unvermeidbar wird. Die Zeichen stehen auf Krieg!

Die Frage, die sich nun für uns stellt, lautet; wird die Rechte oder die Linke siegreich aus ihm hervorgehen? Und was können wir tun, damit die politische Linke gewinnt? Ein kritischer Rückblick auf die Entwicklung, die zu dieser Lage geführt hat, ist erforderlich.

Historisch gesehen war die ganze venezuelanische Bourgeoisie zu Beginn des 20ten Jahrhunderts auf den Erdölexport umgestiegen. Abgesehen vom Importgeschäft, blieb der gesamte produktive Bereich, auch was den Agrarsektor betrifft, sträflich unterentwickelt. Das Streben nach Reichtum war ein Jahrhundert lang der Kampf der Eliten um den Gewinn aus dem Erdölexport. Die „bolivarianischer Revolution“ unter Hugo Chavez war im Grunde genommen nichts anderes als die erstmalige Teilhabe der Mehrheit des einfachen Volkes an dieser Quelle des Reichtums. Erstmals bekam der durchschnittliche Venezuelaner, mittels der Verteilung durch staatliche oder parastaatliche Institutionen, auch seinen Teil am Profit ab.

Im Grunde war die „Revolution“ des Hugo Chavez, groβspurig auch „Sozialismus des 20. Jahrhunderts“ genannt, nichts anders als ein reformistisches Projekt einer sozial gerechten Verteilung der Erdöleinnahmen. Wobei die bestehenden Strukturen der Klassengesellschaft grundsätzlich nicht oder nur sehr begrenzt in Frage gestellt wurden. Der Privatbesitz der Bourgeoisie über die Produktionsmittel, über großflächigen Landbesitz, die Massenmedien, den Import-Export etc., wurde nicht angetastet (abgesehen von der Stahl- und Erdölindustrie, und die auch erst nach harten sozialen Kämpfen, sowie die erneute Verstaatlichung von vormals öffentlichen Betrieben, wie Post, Telecom usw.).

Die Politik von Chavez verstand sich immer als ein klassenübergreifendes, „interklassistisches Projekt“. Ein Bruch mit dem Kapitalismus und der einheimischen Bourgeoisie war im Drehbuch nie vorgesehen, nicht einmal als Fernziel. Die politischen Vorstellungen von Hugo Chavez basierten auf einem kontinuierlichen Transfert eines Teils der Erdölrente, via parastaatlicher „Missionen“, als soziale Subventionen an das Volk, in Koexistenz mit der privaten Profitwirtschaft. Diese politische Ausrichtung brachte letztlich den Typ des „Boli-Bourgeois“ hervor, des Kaders oder Beamten der bolivarianischen Revolution, der seine Kontakte und den Zugang zu staatlichen Erdöl-Dollars nutzt, um nebenbei im Spekulationsgeschäft kräftig mitzumischen. Daβ von diesen Leuten keine Impulse zu gesellschaftsverändernden Initiativen mehr ausgehen werden, versteht sich wohl von selbst. Der Einbruch der Erdöleinkünfte nach 2008 um bis zu 80% brachte dann ab 2013 die Implosion des bolivarianischen Modells.

Seit der Niederlage bei den Parlamentswahlen (im Dez. 2015), aufgrund der Stimmenthaltung von mehr als 1 Million vormals chavistischer Wähler, ist die politische Krise manifest.
Die Mehrheit der Rechtsparteien setzt auf einen gewaltsamen Sturz des bolivarianischen Systems und versucht dies mit einer Welle von regelrechten Aufständen und Blockaden, wobei Wirtschaftssabotage, Morde und die Verhinderung von Lebensmittelverteilung, gängige Mittel sind. Die Fraktion der neureichen „Geschäftsleute“ in Maduros PSUV verschleppen und behindern alle konsequenten Maβnahmen gegen die Wirtschaftskrise. Ein Kuhhandel zwischen der „alten“ Oligarchie und der „neuen“ Boli-Bourgeoisie auf der Basis einer Teilung der Erdölrente, wird von der Rechten rigoros abgelehnt. Sie besteht auf der 100%tigen Kontrolle dieser Einnahmen.

Was die PSUV in Zeiten wo sie über Geld und Mehrheiten verfügte, versäumt hat, versucht sie nun in einem chaotischen Kontext nachzuholen. Maduro spielt nun die Karte einer neuen „Verfassunggebenden Versammlung“. Teile der antikapitalistischen Linken sehen darin eine Möglichkeit, erneut fundamentale gesellschaftliche Fragen zu stellen und eine Remobilisierung der Volksmassen anzufachen, andere Linke lehnen diese Operation grundsätzlich ab und verlangen sofort radikale Maβnahmen der Wirtschaftskontrolle oder einen Rücktritt Maduros.
Der eigentlich längst begonnene lavierende Bürgerkrieg kann nur auf politischer Ebene gewonnen werden. Derzeit steht die Masse des Volkes noch abseits und zögert, aktiv in diesen Konflikt einzugreifen. Wenn es der Linken, in und ausserhalb des PSUV, allerdings nicht gelingt, dem Volk klare politische Ziele und Perspektiven der gesellschaftlichen Veränderung zu bieten, dann sieht es sehr schlecht aus.

Als erstes muss der Wille einer radikalen Landreform und eine Orientierung auf den produktiven Sektor hin erfolgen. Die Selbstorganisation der Massen zur Kontrolle der Produktion und Güterverteilung, muβ als einziger praktikabler Ausweg gefördert werden. Alle „klassenübergreifenden“ Illusionen müssen bekämpft und den Spekulanten in den eigenen Reihen muss ein Ende bereitet werden. In der nun bevorstehenden Auseinandersetzung darf die europäische Linke nicht als neutraler Zuschauer fungieren, sondern muss eindeutig Stellung für die sozialistische Bewegung ergreifen.